Warme Nüstern, weiches Fell, sanfte, braune Augen: Wartend steht der braune Wallach Snowy in der Reithalle auf dem Pferdehof Müller in Nauen, rund 50 Kilometer westlich von Berlin. Zwei Balken
aus Schaumstoff liegen rechts und links neben ihm. Legt Reittherapeutin Rebecca Böde noch zwei weitere dazu, sodass ein Viereck um das Pferd entsteht, nennt sie das „den Ruheraum“. Hier können
sich Reiter und Pferd näherkommen, beschnuppern, berühren, anschauen.
Für Böde gehört nicht nur das Reiten des Pferdes zu einer Therapiestunde. Genau so wichtig sei das Putzen und die Bodenarbeit – also alle Aktivitäten wie das Führen, bei denen der Mensch mit dem
Pferd vom Boden aus kommuniziert. Carola A. teilt die Stunde mit und auf dem Pferd gerne mit ihrer zwölfjährigen Tochter Karen, um mehr gemeinsame Zeit mit ihr zu verbringen und „sich wieder
näherzukommen“, wie sie sagt.
Bewegung hilft
Carola erlitt vor rund drei Jahren das erste Mal eine schwere Depression. Immer wieder musste sie in eine Klinik, weil der Alltag, besonders das Aufstehen am Morgen, zu schwer für sie wurde.
Bewegung sollte ihr helfen. Carolas Mutter las von Rebecca Bödes Angebot auf dem Nauener Hof. Carola war schon als Kind pferdeverliebt, also probierte sie es aus. „Mir ging es schlagartig
besser“, erinnert sie sich. Die Therapie ist allerdings
eine Frage des Geldes – die gesetzlichen Krankenversicherungen übernehmen die Kosten dafür bisher nicht.
Und das, obwohl Studien bereits den Nachweis führen, dass die sogenannte Hippotherapie durchaus gesundheitlichen Nutzen bringt. Das Deutsche Kuratorium für Therapeutisches Reiten (DKThR) im
nordrhein-westfälischen Warendorf führt, begleitet und fördert wissenschaftliche Studien zum therapeutischen Reiten. Aus Sicht von Sprecherin Elke Lindner sticht beispielsweise eine Studie zum
Einfluss der Hippotherapie auf Motorik und Lebensqualität von Kindern mit Bewegungsstörungen besonders hervor.
Stressreduktion ist messbar
Befürworter sind auch vom Nutzen der Reittherapie bei psychischen Krankheiten überzeugt. „Grundsätzlich ist die Seele, sind seelische Vorgänge nicht wirklich messbar“, erklärt Psychotherapeutin Birgit Heintz. Reduziere man die Befindlichkeit eines Menschen auf physiologische Parameter, so könne man aber zumindest den Cortisolspiegel als Stresspegel oder Beruhigungsindikator messen. Gleiches gelte für den Anstieg von Oxytocin bei der berührenden Begegnung zwischen Mensch und Pferd, „ebenso das Sich-Synchronisieren des Herzschlags der Therapiepartner“. (dpa)←