Zur Einordnung ist es wichtig, eine landläufige Fehlannahme aus dem Raum zu schaffen. Auch wenn man es häufig liest: Es handelt es sich bei den grauen Vorgärten nicht um „Steingärten". Vielmehr
müsste man sie „Schotterwüsten" nennen. Steingärten sind einer alpinen Hochlandschaft nachempfunden, neben Steinen integrieren sie vor allem eine Vielzahl an Pflanzen, die von Natur aus an karge
Böden gewöhnt sind, und bieten in den Steinzwischenräumen Insekten wichtige Rückzugsorte. Demgegenüber besteht die „Schotterwüste" fast ausschließlich aus Schotter und Kies. Lebendiges Grün
spielt keine Rolle, nur hin und wieder dürfen Koniferen, kleinere Gräser oder auch kugelrunde Buchsbäume als Statisten auftauchen und möglichst unveränderlich durch das Jahr für etwas Farbe
sorgen. „Anders als typische trockenheitsresistente Gebirgsvegetation wie Sonnenröschen, Heidenelke oder Dalmatiner-Glockenblume kommen diese Gewächse in der Regel allerdings schlecht
mit steinigem Untergrund zurecht“, betont Achim Kluge vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL). „Sie brauchen viel Aufmerksamkeit und Pflege, um an solch einem Standort zu
überleben. Das gilt vor allem während des Sommers, wenn sich Kies und Schotter am Tage stark aufheizen und die Temperaturen in ihrer direkten Nähe in die Höhe treiben.“
Schotterflächen sind nicht pflegeleicht!
Ein weiteres Problem ist der Umgang mit Wildkräutern. Während Steingärten auf dichte Bepflanzung, Polsterstauden und Bodendecker setzen, die unerwünschten Gewächsen kaum Platz lassen, soll bei Schotterflächen ein unter der Steinschüttung liegendes Unkrautvlies Wildwuchs grundsätzlich verhindern. Hier liegt jedoch die zweite landläufige Fehlannahme: Schotterflächen sind nicht pflegeleicht! Tatsächlich kann auch das Vlies nicht verhindern, dass sich zwischen dem Kies organisches Material wie Samen und Blätter ansammelt. Dieses bildet mit der Zeit eine Humusschicht, die wiederum hartnäckigen Unkräutern, aber auch Flechten und Moosen ideale Bedingungen zum Wachsen bietet.
Pflanzen brauchen Raum zum Wachsen
Steine, Kies und Schotter als Gestaltungselemente sind aber natürlich nicht per se schlecht. Es kommt ganz darauf an, wie man sie einsetzt. Wichtig ist, dass sie nicht die Hauptrolle spielen und die Pflanzen ausreichend Raum zum Wachsen und Blühen haben. „Neben der Nachahmung einer Gebirgslandschaft gibt es auch die Möglichkeit, einen attraktiven Kiesgarten anzulegen“, sagt Kluge. „Hier umschmeichelt der Kies als Mulchschicht trockenheitsresistente Pflanzen wie Lavendel, Fetthenne oder Katzenminze und schafft im natürlichen Zusammenspiel mediterranes Flair. Auch Gräser fügen sich harmonisch ins Gesamtbild ein. Prozentual nehmen die Gewächse deutlich die größte Fläche ein, der Kies tritt in den Hintergrund.“ Sollen Steine, Schotter und Kies präsenter sein, können sie auch bewusst an wenigen Stellen als Blickfang positioniert werden – beispielsweise als imposante Findlinge, die aus der Bepflanzung hervorragen, als natürlich anmutende Grundstücksbegrenzung, in Form einer Trockenmauer, einer Treppe oder einer Bank. Bei größeren Flächen empfiehlt sich auch ein Kiesweg, der von der Straße bis zum Haus führt.
Staudenpflanzungen mit Kies und Mulch
Steine im Vorgarten können zudem von ganz praktischem Nutzen sein. So ist das Mulchen mit Kies oder Splitt ökologisch und gartenbautechnisch gerade bei Staudenpflanzungen durchaus ratsam. „Wichtig ist helles und feines Material, das sich nicht zu stark aufheizt und eine relativ dichte Schicht bildet“, erklärt Kluge. „Zu Anfang nimmt der Splitt noch einen großen Anteil ein, doch nach und nach überwachsen die Stauden und Gräser den Kies und verdecken mit ihren Blättern und Blüten den Boden.“ Dann hat auch Unkraut keine Chance mehr. (BGL) ←